Tat-Kranke und Schuld-Partner (1/4)
22. Juni 2012 von admin | 2 Kommentare
Es ist ein Irrtum anzunehmen, daß Krankheit jedem eine Last ist. Vielen ist sie so willkommen, daß man ihnen alles nehmen darf – nur nicht die Krankheit. Sie ist ihnen ein Quell der Schonung, der Aufmerksamkeit, der Möglichkeit, andere zu manipulieren.
Kranksein macht den Tat-Kranken stark. Er versteht es meisterhaft, von seinen eigentlichen Wünschen und Zielen abzulenken. Er „hat“ etwas. Er glaubt, daß er etwas hat, er sagt es, zeigt es, signalisiert es: Er hat es an den Nerven, hat ein schwaches Herz, Magenschmerzen, Migräne, Kreislaufbeschwerden. Er weist klar diagnostizierte oder diffuse Beschwerden vor. Verborgen bleibt, daß er eigentlich etwas „will“.
Daß er Gefühle will und mit der Waffe Krankheit um seelisches Wohlbefinden kämpft. Der Tat-Kranke ist ein Zukurzgekommener. Ihm fehlt etwas. Er hat nicht befriedigte Bedürfnisse und unerfüllte Wünsche, was ihm jedoch selber nicht bewußt ist. Könnte er sie offenlegen, wäre der Umgang mit ihm weniger problematisch.
Was ihm fehlt, muß der Tat-Kranke jemandem abringen. Dazu bedarf es eines Gegenübers: Des „Schuld-Partners“. Eines Partners, dem man Schuld zuweist, um Schuldgefühle zu erzeugen. Wer Schuldgefühle hat, ist manipulierbar. Er ist bereit, dem anderen zu Willen zu sein. Der „Auserwählte“ ist sich dieser Rolle nicht bewußt. Er hat die Schuldzuweisung schon angenommen, als er noch gar nicht in der Lage war – und zwar als Kind -, sie zu reflektieren. Er erlebt sie als Strudel, aus dem er sich nur um den Preis immer neuer Schuldgefühle befreien kann.
Schuld-Partner verschleißen sich häufig in einem Jahre währenden Kampf, dem Tat-Kranken Wege zur Gesundung aufzuzeigen, um sich von dem Schuldvorwurf zu befreien. Ein aussichtsloses Unterfangen!
Warum es zum Scheitern verurteilt ist? Weil sich niemand gerne einer Sache berauben läßt, die von großem Nutzen ist.
– Aus: Krankheit als Waffe –
Fortsetzung folgt…
Herzlichst
Mentorin auf Zeit
1. Anita
Kommentar vom 23. Juni 2012 um 18:25
Klasse geschrieben und sowas von wahr … ich erlebe das immer wieder ❤❤❤
2. Evelyn
Kommentar vom 5. Juli 2012 um 23:41
Ja, Anita – doch die wenigsten wollen das wahr haben. Da gilt es achtsam zu sein. Mit sich selbst und mit dem Tat-Kranken.
Herzlichst
Evelyn