Was die Seele krank macht und was sie heilt

© Andrea Marchetti

Autor ist Thomas Schäfer

Was sind die familiären Hintergründe schwerer Erkrankungen? Warum entwickeln sich manche Beziehungen zwischen Mann und Frau, Eltern und Kinder harmonisch, während andere scheitern? Der Autor zeigt, wie krankmachende Dynamiken unterbrochen werden können, damit die ursprüngliche Liebe wieder fließen kann.

Persönliche Anmerkung: 

© Andrea Marchetti

Immer wieder erlebe ich, wie Eltern als „Wunscherfüllungsmaschine“ angesehen werden. Wie gefordert wird, wie geschimpft wird auf Vater und/oder Mutter. Sie hätten strenger sein sollen, sie hätten liebevoller sein sollen, sie hätten … So entstehen Forderungen ohne Ende – und gerne wird den Eltern die „Schuld in die Schuhe geschoben“ für das, was NICHT im eigenen Leben läuft.

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Wer sieht eigentlich noch, daß die Eltern uns das größte Geschenk überhaupt machten: Uns zu zeugen, uns das Leben zu ermöglichen, so daß wir hier auf dem Abenteuerspielplatz Leben mitspielen können?

Ja, es gibt vielerlei Verstrickungen, die sich aus dem „System Familie“ entwickeln. Da ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Unsere Eltern geben i.d.R. hier einfach mehr und wir Kinder haben zu nehmen. Wir haben die Gene unserer Eltern – und wir haben Eigenes.

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Was ich mit „nehmen“ meine?  Nehmen, was ich von ihnen geschenkt bekam. Das ist so viel und reicht aus. Den Rest mache ich selbst – denn das ist meine eigene Verantwortung. Damit entlaste ich sowohl die Eltern als auch „mich“ selbst. Annehmen ist wieder etwas anderes.

Und es gibt Verstrickungen, die sich auf Partnerschaft, auf Beziehung, auf Gesundheit und vieles mehr auswirken. In diesem Buch ist gut dargestellt, wodurch das System „Familie“ erkrankt ist und wie die normale Ordnung im System wieder hergestellt werden kann.       

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Ein Auszug aus dem Buch: „Das Verzeihen als falscher Umgang mit Schuld

Nicht nur das Verzeihen hat oft üble Folgen, sondern auch das Bitten um Verzeihung ist schlimm. Ein Mensch hat nicht das Recht zu verzeihen. Wenn mich einer um Verzeihung bittet, dann schiebt er dem anderen die Verantwortung für seine Schuld zu. Wenn ich früher jemandem verziehen habe, ging es mir hinterher zuweilen schlecht damit. Jetzt verstehe ich, warum:

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Durch mein „großmütiges Verzeihen“ habe ich dem anderen die Gelegenheit genommen, mit mir wieder eine Ebene einzunehmen. Ähnlich ist es, wenn einer beichtet. Er schiebt dem andren die Folgen seines Verhaltens zu. Außerdem verhindert das Verzeihen die Ebenbürtigkeit in der Beziehung, es schafft ein Gefälle von oben nach unten. Sagt man „es tut mir leid“, kann der andere viel eher auf einen zugehen, als wenn man ihn um Verzeihung bittet.  

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Verzeihen dient nicht selten dem Ausweichen vor einem Konflikt, statt ihn zu lösen. Wenn ein Opfer dem Täter die Schuld erläßt, das nämlich bedeutet Verzeihen meist, wirkt sich das immer schlimm aus. Versöhnung ist nur möglich, wenn der Unschuldige Wiedergutmachung und Sühne fordert, er hat sogar im Dienste der natürlichen Ordnung die Pflicht dazu. Umgekehrt hat der Schuldige nicht nur die Pflicht, sondern auch das Recht, die Folgen seiner Tat zu tragen. Er hat auch das Recht, mit dem Groll des anderen konfrontiert zu werden. 

All das sind ziemlich ungewohnte Gedanken. In vielen Büchern mit dem Thema „Praktische Lebenshilfe“ lesen wir Tips, deren Befolgung leider nicht das bewirken, was sie verheißen. Ich greife einmal ein Beispiel heraus:

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Ein spiritueller Lehrer, der auf Zypern lebt, rät: „In unserem Leben müssen wir lernen, Menschen bedingungslos zu lieben. (…) wir dürfen uns nicht verletzt fühlen oder Groll hegen, wir müssen nur lieben. Das ist die Macht der Liebe, so wie ich sie verstehe.“

Wenn jemand uns tief verletzt hat, ist es unsinnig, so zu tun, als seien wir nicht verletzt. Der andere hat ein Recht darauf, damit konfrontiert zu werden, und auch wir sind es uns schuldig, die Verletzung auszudrücken. 

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Vor kurzem kam ein Mann zu mir, der sehr zerknirscht war über das, was er seiner Frau angetan hatte. Er hatte während der Ehe eine Freundin und hielt das längere Zeit geheim. Während dieser Zeit übte jene Freundin anonymen Telefonterror auf die Frau aus. Der Mann wusste nichts davon. Es kam zur Trennung, und er lebte mit der Freundin zusammen. Die Nähe jedoch, die früher vorhanden war, löste sich schnell auf. Glück auf Kosten von anderen, sagt Hellinger, ist meist nur ein kurz währendes Glück. Der Mann wollte wieder zu seiner Frau zurück. Er traf sich öfter mit ihr, und zu seinem Erstaunen war sie ihm gar nicht böse. Sie sagte zu mir: „Ich habe dir schon alles verziehen.“, erzählte er.

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Bei dem, was an Verletzungen geschehen ist, ging das natürlich viel zu schnell. Ich riet ihm, sich damit nicht zufriedenzugeben. Wenn die beiden wieder zusammenleben und alles so bleibt, wie es jetzt ist, wird er sich ihr gegenüber immer klein fühlen. Ein Austausch von Gleichberechtigten findet nicht statt. Wenn er sie aber, wie in der bereits vorgestellten Geschichte „Der Ausweg“ bittet, daß sie sich von ihm etwas wünscht, das ihn fast soviel kostet wie damals die Frau, dann kann die Waage wieder ins Gleichgewicht kommen. 

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Im Dienste der Beziehung ist es dann allerdings förderlich, wenn der Unschuldige in seiner Forderung nach Ausgleich nicht bis an die Grenze geht und daß er die Wiedergutmachung und die Sühne auch wirklich annimmt. Ohne diese Bemühungen gibt es keine Versöhnung. In der Praxis kann man bei Ehe- und Partnerschaftskrisen häufig beobachten, daß die Versöhnung nicht am dem Schuldigen scheitert, sondern am Unschuldigen. Er ist böse und fühlt sich dem Schuldigen überlegen. Der Unschuldige weist häufig den Schuldigen zurück, als bräuchte er ihn nicht. Gegen eine solche Unschuld hat ein Schuldiger keine Chance.“ (Ende des Auszuges)

© Andrea Marchetti

Ein Buch, das es sich lohnt zu lesen, denn wir alle erfahren dadurch Zusammenhänge, die uns bewusst machen, daß vielfach ein ganz anderer Hintergrund vorhanden bzw. Zusammenhang gegeben ist,  als wir vordergründig meinen und welchen Irrtümern wir immer wieder auf’s Neue aufsitzen. Irrtümern, die unser Handeln beeinflussen.

Viel Spaß beim Lesen – und ganz, ganz viele Erkenntnisse. 😉

Herzlichst

Evelyn

Mentorin auf Zeit


3 Kommentare

  1. 1. lilli von e.

    Kommentar vom 21. Dezember 2014 um 06:47


    lesen durften wir im Internet folgendes:

    „Anthroposophisch ausgerichtete Menschen können auf das Gemüse Paprika so reagieren, dass die Seele krank wird.“

    Stimmt diese Aussage?

  2. 2. Evelyn

    Kommentar vom 21. Dezember 2014 um 10:42

    Hallo Lilli – für mich ist das alles andere als stimmig. Wer schreibt bloß so etwas?
    Schöne Weihnachten Dir und den Deinen.
    Evelyn

  3. 3. Froggy

    Kommentar vom 20. Mai 2017 um 18:32

    Hallo Lilli

    Ich bin immer froh, wenn ich kritische Betrachtungen zum Thema „Vergeben“ lesen darf. Ich habe meinen Eltern, die mich als Kind misshandelt haben, immer wieder vergeben. So dass sie immer frecher wurden und immer weniger Verantwortung für ihr Handeln übernahmen. Warum auch nicht? Ihr Tun hatte ja niemals Konsequenzen, da ich immer alles vergab. Mit Vergebung züchtet man nur zu oft Wiederholungstäter.

    Was soll eigentlich erreicht werden mit diesem „Verzeihen“?

    Die Tat ungeschehen machen?
    Funktioniert nicht, ohne Zeitmaschine!

    Oder so tun, als wäre nie etwas geschehen?
    Wem nützt diese Realitätsverblendung?

    Oder keinen Groll mehr empfinden?
    Es ist meine Sache, was ich empfinde. Ich finde es nicht sinnvoll, Empfindungen zu unterdrücken, damit der Täter sich besser fühlt.

    Ein Satz aus Deinem Text hat mich besonders berührt:
    „Wenn mich einer um Verzeihung bittet, dann schiebt er dem anderen die Verantwortung für seine Schuld zu“.
    Damit hast Du völlig recht!

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