Verletzte Gefühle

© Andrea Marchetti

Ich fand dieser Tage diesen Beitrag und musste herzhaft lachen. Ich kenne diese Gefühle und Situationen so etwas von gut. Und ja, es hat immer auch mit uns selbst zu tun. Doch lest selber:

Neulich hatte ich Wut auf einen Freund. Ich war zutiefst verletzt und gekränkt. Er hatte mehrfach meine Anrufe unterbrochen, weil ihm etwas dazwischen kam, und mir gesagt, er würde später zurückrufen. Das hat er nicht getan. Ich habe vergeblich gewartet. Da dies mehrfach hintereinander passierte, war ich irgendwann richtig sauer. Ich sah schon das Ende unserer Freundschft und legte mir im Geiste meine Abrechnung mit ihm zurecht. Ich hatte die schlimmsten Bezeichnungen für ihn und eine lange Liste von Vergehen, derer er sich schuldig gemacht hatte.

© Andrea Marchetti

Ich verhielt mich jedoch passiv und agierte nicht. Ich schaute mir diese Gefühle von Schmerz, Trauer und Wut an und verfolgte sie an ihren Ursprung zurück, so gut ich konnte. Indem ich sie aushielt und nicht versuchte, sie zu ändern, zum Beispiel, indem ich anrufe und die Sache kläre, konnte ich immer tiefer in diese Gefühle hineingehen und sie kennen lernen. I

© Andrea Marchetti

Ich kam immer mehr darauf, daß dies meine Gefühle waren. Mein Freund war zwar der Auslöser, aber nicht die Ursache. Es gab wirklich Momente, da konnte ich mich erinnern, wie ich diesen Schmerz schon als Kind gefühlt habe. Ich konnte den alten Schmerz fühlen. Zum Glück musste ich nichts ausagieren und konnte statt dessen diese Gefühle bei mir behalten. Ich wartete und hielt die Gefühle aus, auch wenn es zeitweise echt schwer war und die Sache auf der Kippe stand.

© Andrea Marchetti

Eines Tages rief mein Freund dann an, grüßte mich herzlich und wir plauderten ganz normal. Ich freute mich sehr über seinen Anruf und ließ die Gefühle der Gekränktheit und Verletztheit beiseite.  Alles war wieder gut und die Wut war wie weggeblasen.

Für ihn war gar nichts Schlimmes passiert und er war immer noch mein Freund. Und für mich – ich hatte viel über mich gelernt, über die Phantasien des verletzten Kindes in mir und meinem Wahnsinn, der mir einflüstern wollte, ich hätte keinen Freund mehr. Geheilt wurde die alte Wunde obendrein – dadurch, daß ich den alten Schmerz und die unterdrückte Wut gefühlt habe.
(Ronald Engert, gefunden in Ausgabe Nr. 3 Sein, März 2012)

© Andrea Marchetti

Kommt Dir das auch so bekannt vor? Ja, wir reagieren auf ausbleibende Einlösung von Versprechungen, jeder von uns unterschiedlich, denn wir mach(t)en alle auch unterschiedliche Erfahrungen. Doch wichtig ist es wirklich, sich diesen Gefühlen zu stellen statt Beziehungen auf’s Spiel zu setzen.

Ich habe es auch lieber, wenn die Versprechungen eingehalten werden, die gemacht werden. Doch oftmals bleibt die Umsetzung aus und mich verwirrt es auch immer wieder und auch bei mir kommt oft der Ärger dabei hoch. Es ist immer wieder neu dieser Weg zu gehen: Hinzuschauen, wo der Ursprung dieser Verletzung liegt. Angenehm? Nein! Doch so wirksam. Und ganz häufig kommt ein Thema in „verschiedenen Farben“ noch einmal vorbei, so lange, bis alle Facetten angesehen werden konnten.

© Andrea Marchetti

Allerdings stelle ich auch einmal hier in den Raum Dich selbst zu fragen, weshalb Du Versprechungen machst, ohne sie einzuhalten, welcher Aspekt in Dir hier so agieren „muss“?

  • Was gibt es  Dir so zu handeln?
  • Was hält Dich ab zu kommunizieren, daß Du das Versprechen nicht mehr einlösen magst, oder
  • erst zu einem späteren Zeitpunkt,
  • oder …

Dann kann sich der andere neu darauf einstellen.

Glaube mir eines: Wer etwas versprochen bekommt, erinnert sich sehr genau daran.

Überlege einmal selbst, wie oft Du auf die Einlösung von Versprechungen gewartest hast und was das in Dir selbst auslöste, als Du vergeblich darauf wartetest. Und ähnlich geht es auch demjenigen, der auf die Erfüllung Deines Versprechens – ebenso vergeblich wie Du – wartet.

Herzlichst

Evelyn

Mentorin auf Zeit


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