Mitleid / Mitgefühl
5. Juni 2011 von rs-bh | 5 Kommentare
Kurzfassung
Aus der Welt der Geschichten heraus betrachtet ist es nur ein akzentueller Wortunterschied. Im Grunde gibt es keinen Unterschied. Vom (PING) aus, also aus der Stille heraus , aus dem Sein betrachtet, gibt es nur eine Möglichkeit, nämlich die, in Offenheit alle Gefühle auszuhalten, die durch das, was wir sehen, entstanden sind.
Langfassung
Wir sehen Leid, schreckliche Erlebnisse. Wir erleben sie selber oder Menschen erleben sie, die uns etwas bedeuten, seien es Krankheiten oder Schicksalsschläge. Die negative Bewertung, die wir den Ereignissen zuschreiben, ist für das Auftauchen dieser negativen Gefühle verantwortlich. Krankheit ist etwas Schlechtes. Wir verbinden damit Gefühle wie Angst, Unsicherheit, Furcht, Schrecken, Schmerz. Vielleicht sind auch Zweifel da, ob wir wieder in einen Zustand von Gesundheit zurückkehren können, ob vielleicht dauerhaft Schmerz zurückbleiben kann. Davor fürchten wir uns. Angst ist hier der Nährboden für alle Gefühle, die auftauchen können.
Die einzig sinnvolle Möglichkeit mit diesen Gefühlen umzugehen, die uns wieder in die Kraft zurückführt, ist der (PING). Wir halten die Gefühle aus in dem Wissen um ihre zeitliche Begrenztheit. Wir akzeptieren die Geschichte, die wir inszeniert haben, lassen uns durch das Aushalten durch die Ebene des Spieles hindurchfallen in die Ebene des Sein.
In der bilderlosen Stille passiert die Lösung unkontrolliert von unserem Verstand, unkontrollierbar durch unsere Werkzeuge des Spiels. Mit dem Schlüssel des Vertrauens sehen wir das alles. Wir halten aus, tauchen auf und nehmen im Auftauchen die Klarheit des Seins mit uns. Diese kann sich nun im Spiel des Lebens entfalten.
Wir können aber auch, wenn wir Schicksalsschläge, Krankheiten, überhaupt negative Dinge beobachten bei Menschen, die uns nahe stehen, in Kontakt kommen mit diesen Gefühlen, die wir vielleicht aktuell und akut nicht für uns selber haben, sondern mit denen wir konfrontiert werden durch das Beispiel anderer. Die Entstehung geschieht hier durch Verbundenheit, die wir fühlen, durch Liebe und Nähe. Dadurch sind wir offen. Wir öffnen unser Herz und dadurch spüren wir, was in der Einheit passiert, denn diese Menschen sind ja nicht von uns getrennt. Wir sind ja buchstäblich eins. So empfinden wir den Schmerz, die Trauer, das Leid, die Bedrückung mit. Das ist nichts Negatives, sondern ein Zeichen des Seins, das sich entfaltet.
Egal welchen Ursprungs diese negativen Gefühle sind, der Umgang mit ihnen ist immer derselbe: Aushalten, in die Stille fallen, die Wandlung geschehen lassen, die Klarheit mitnehmen ins Spiel und sich dort entfalten lassen. Dabei ist es unerheblich, ob es die Gefühle der anderen sind oder unsere eigenen. Da gibt es keinen Unterschied. Alles was in uns auftaucht, ist unseres.
Lasse ich das Leiden überhand nehmen, bedeutet es nicht, dass ich diese Gefühle aushalte, sondern es bedeutet nur, dass ich die Geschichten um diese Gefühle herum verstärke, indem ich mich hineinversetze, indem ich mir vorstelle, was passieren würde, wenn mich diese Sache selbst beträfe. Das erzeugt in mir ein künstliches Gefühl, das nichts anderes ist als eine Spielerei. Unser tiefes Bedürfnis, anderen zu helfen, wenn sie leiden, kann auf diese Art nicht befriedigt werden. Wir tauchen ein in das Erleben der anderen, indem wir es uns jetzt vorstellen und müssen uns dann daraus erheben oder uns direkt hindurchfallen lassen. Indem wir es für uns lösen, geben wir das unbewusste Beispiel für die anderen. Dann lösen wir bereits einen Teil des Leides auf, indem wir vor allem die Vorstellungen der Zukunftswirkung der Ereignisse wegnehmen und dadurch entschärfen, indem wir es aushalten und in die Stille nehmen.
Aus dem (PING) betrachtet, bedeutet Mitleiden, diesen entscheidenden Schritt eben nicht zu tun. Mitleiden bedeutet, das Leiden stehen zu lassen, es zu verlängern, es eventuell sogar zu verstärken. Das ist das Gegenteil von unserer Absicht und geschieht allein durch den Fokus auf die Negativität, indem wir das, was wir sehen als negativ bewerten.
Mitgefühl heißt, wir nehmen das Gefühl wahr, lassen es in vollem Umfang zu und lassen auch die Wandlung zu. Auf diese Art und Weise stellen wir denjenigen, mit denen wir zu tun haben, den Zugang zur Quelle zur Verfügung, statt ihnen die Fähigkeiten, Geschichten zu erfinden, zusätzlich als Gewichte aufzuerlegen. [ping, 05.06.2011]
R. Schmid
1. Seraphina
Kommentar vom 5. Juni 2011 um 19:45
JA!
2. Katalin
Kommentar vom 5. Juni 2011 um 22:42
„Aushalten“ ist vielleicht nicht das passende Wort!? Für mich schwingt dabei eine Portion Härte… Hinschauen, sehen, was ist und bejahen / Einverstanden sein… mit dem, was ich sehe in Frieden sein… urteilsfrei betrachten…
3. Kion
Kommentar vom 6. Juni 2011 um 00:52
jedes Gefühl ist, wenn wir tief genug hinein gehen und uns einfühlen, letztendlich Freude und innerer Frieden.
4. Reiner Schmid
Kommentar vom 6. Juni 2011 um 10:27
Hallo Katalin,
das ist eine wundervolle Formulierung für die gleiche „Angelegenheit“. Als Begleiter trifft diese Formulierung auf jeden Fall zu.
Als „Hauptbetroffener“ auch ohne Begleitung kann es passieren, dass ich durch mein Tal vollständig hindurch gehe, indem der „Frieden“ nicht einmal im Ansatz gesehen werden kann.
Da ist beispielsweise ein Phatomschmerz, der meine volle Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt, oder Gefühle von völliger Hilflosigkeit oder Schwäche, die sogar reale Wirkung zeigen und ebenso meine volle Aufmerksamkeit beanspruchen. Hier atme ich einfach nur ein, atme einfach aus, einatmen, ausatmen während ich die Schmerzen und Gefühle spüre und aushalte.
Wir leben in einer Gesellschaft, indem wir die Dishamonie weder benennen dürfen, weil es Negativ erscheint, noch sind Gefühle, die wir als negativ bewerten, gut für uns. (Impusl weg damit) Mit Aushalten wird vielleicht deutlicher, dass es sich beim Mitgefühl nicht immer um Friede-Freude-Eierkuchen handelt, wenn man sich selbst aushält, wie es gerade ist.
Alle Gefühle dürfen sein und wenn ich die Bewertung draußen lasse, sind da einfach nur Gefühle und ich halte sich aus, breche nicht ab. Dann tritt genau jener tiefer Frieden oder große Weite in uns auf, nachdem ich mich sehne, nachdem sich alle sehnen.
Ich halte daher beide Formulierungen für sehr geeignet. Bei Dir kommt mehr zum Ausdruck, dass die Liebe und der Frieden alles heilt, bei mir kommt mehr zum Ausdruck, dass es auch „Mut“ braucht. (darüber habe ich einen Beitrag hier schon geschrieben)
Wenn ich durch die Waschstrassee fahre und bin Wasserscheu, halte ich es aus. Ausweichen geht nicht. Am Ende der Waschstrasse ist es sehr hell und wenn ich aus der Strasse wieder ins Licht komme, bin ich es selbst;-)
schöne Grüße
Reiner
5. gabriella
Kommentar vom 6. Juni 2011 um 18:13
ja, lieber reiner.
durch mitleiden verstärken wir das leid.
durch mitfühlen wird es unser gefühl, das wir
annehmen dürfen… durchgehen… und wandlung geschieht.
das ist LIEBE für uns SELBST und letztlich allES, was IST… 🙂