Trauer(n)

Das Thema Trauer bzw. Traurigkeit begegnet uns jeden Tag. Wir erleben dieses Gefühl selbst und auch bei anderen. Und diesem Gefühl wollen wir gerne aus dem Wege gehen, versuchen (fast) alles, um nur nicht ins Spüren zu kommen – frei nach dem Motto „Der Indianer kennt keinen Schmerz“?

Worüber trauern wir?

  • Über den Verlust eines Menschen?
  • Über eine unerfüllte Erwartung?
  • Über eine (un)gewollte Schwangerschaft?
  • Über eine Fehlgeburt?
  • Ein Ziel verfehlt zu haben?
  • Ein Ziel erreicht zu haben und dann festzustellen, dass uns das Ziel gar nicht das gibt, was wir glaubten damit zu erreichen?
  • Über den Verlust des Arbeitsplatzes?
  • Über das fehlende Vorhandensein von ausreichend finanziellen Mitteln?

    © Andrea Marchetti

  • Über mangelndes Essen für die Familie bzw. für einen selber?
  • Über das Mobbing im Kollegenkreis oder im Verein?
  • Über das Vorhandensein von Krankheit?
  • Über einen Vertrauensbruch?
  • Über eine verpaßte Chance?
  • Über …

© Andrea Marchetti

Und wie gehen wir damit um?

  • Vergraben wir uns?
  • Sprechen wir das Thema an?
  • Holen wir uns Hilfe?
  • Sehen wir uns als minderwertig an weil wir trauern, obwohl andere uns lachend sehen wollen und erwarten, daß wir einfach funktionieren?

Wer seine eigene Traurigkeit ablehnt, lehnt sich selbst ab – und missbraucht sich damit selbst. Das Herz wird immer schwerer, somatoforme Störungen zeigen sich.

Trauer ist ein ganz wesentliches Gefühl  und wer sich diesem aussetzt, folgt seinem Herzen. Trauer zeigt sich in ganz verschiedenen Formen und Landschaften. Trauer gehört zum Menschsein, Trauer benötigt Zeit. Trauer benötigt ein offenes Ohr. Trauer benötigt das eigene Mitgefühl. Und zu trauern heißt auch Tränen fließen zu lassen.

© Andrea Marchetti

Trauern heißt den Schmerz anzunehmen, Abschied zu nehmen – und neu auf das Leben zuzugehen.

Trauer/Traurigsein hat viele Facetten und auch ich erlebe immer wieder auf’s neue Schmerz.  Wachgerüttelt ein manches mal durch einen Kommentar, ein Bild, ein Gespräch …

Dabei wach zu sein und zu erkennen: oh, das will noch angesehen werden, hilft mir dabei. Und ich denke, genau dafür sind die Situationen in unserem Leben. Um uns daran zu erinnern, dass wir noch weiteren Ballast abwerfen dürfen.

„Sterben ist das Auslöschen der Lampe im Morgenlicht,
nicht das Auslöschen der Sonne.“

– Rabindranath Tagore –

Herzlichst

Evelyn

– Mentorin auf Zeit –


7 Kommentare

  1. 1. Dr. Bernhard A. Grimm

    Kommentar vom 12. Oktober 2010 um 10:12

    Liebe Evelyn,

    ich danke Dir herz.lich für Deinen einfühl.samen Beitrag zur Trauer, der sich so gut in meine Situation einfügt: am Sonntag vor 2 Jahren habe ich für meine Frau die grausam.traurige Diagnose ihrer un.heil.baren Erkrankung erhalten und heute Vormittag just vor 16 Wochen ist sie ins Ewige Lich heim.gegangen – ich bleibe im totalen Alleinsein zurück nach diesem Abschied und bemühe mich, das zu realisieren, was Du schreibst, nämlich „neu auf das Leben zuzugehen“, was sehr, sehr schwer ist.

    In meiner Ansprache zur Ver.abschiedung Kajas habe ich u.a. dies gesagt:
    Damit Abschied gelingt und sich daraus Neues entfalten kann, besitzen wir Menschen die Fähigkeit zu trauern.

    Wir b r a u c h e n die Trauer, um im Leben zu bleiben, trotz des Verlustes und der totalen Lebens.veränderung. Wir trauern, damit wir den natürlichen Zyklus von Werden und Vergehen annehmen können und damit wir die damit verbundenen Schmerzen überwinden und uns aus der Ver.änderung heraus weiterentwickeln.

    Die Trauer jedoch ist nicht oder braucht nicht n u r dunkel zu sein, auch wenn sie Schmerz bedeutet. Sie ist vielmehr Licht aus einer tiefen Quelle: ein Leuchten, das in der Dunkelheit entsteht und uns in eine lichte Zukunft leitet.

    Natürlich wiegt in der Trauer der Schmerz über das Gefühl „Dieser Mensch ist nicht mehr da, nicht mehr greif./fass./berühr.bar vorhanden“ größer als das Gefühl der Dankbarkeit „Schön, dass es unsere Begegnungen gegeben hat“. Aber es liegt ganz bei uns, hier die Gewichtung auf die Dankbar.keit zu verlagern, auch in der Gewissheit, dass es eine Gegenwart des geliebten Menschen a u c h in einer anderen, in einer rein geistigen Form gibt.

    Jedenfalls gilt:
    In der Trauer lebt die Liebe weiter!

    Liebe Evelyn, ich wünsche Dir noch viele Inspirationen für Deinen Blog. Sei herz.lich gegrüßt von Deinem Bernhard

  2. 2. Moni

    Kommentar vom 18. Oktober 2010 um 16:17

    Vielen Dank für Ihre lieben Zeilen. Ja, Trauer ist wirklich sehr schwer zu ertragen. Manchmal glaube ich, es zerreißt mir schier das Herz. Dennoch glaube ich an Ihre Worte und sehe frohen Mutes in die Zukunft. Es wird bestimmt wieder besser, irgendwann. Viele liebe Grüße, Moni

  3. 3. Evelyn

    Kommentar vom 19. Oktober 2010 um 00:26

    Lieber Bernhard,

    ich danke Dir sehr herzlich für Deinen Besuch hier und ich weiß um die Kraft, die Dich Deine Zeilen kosten. Umso mehr freue ich mich darüber, daß Du mich und andere an Deinen Gefühlen und Gedanken teilhaben läßt. Und unser Leben will gelebt sein, mit allem, was sich darin zeigt. Je mehr wir JA dazu sagen, um so leichter wird es. Und dann ist Dankbarkeit für die Erfahrungen einfach, trotz Trauer.

    Herzlichst Evelyn

  4. 4. Evelyn

    Kommentar vom 19. Oktober 2010 um 00:28

    Liebe Moni,

    schön, Sie hier auf dem Blog zu lesen und ich freue mich, daß auch Sie Trost in diesen Zeilen finden – und sich die Zeit für die Trauer nehmen. Eine Zeit, die immer wichtig ist, um unser Leben mit all seinen Veränderung zu leben.

    Herzlichst
    Evelyn

  5. 5. Dr. Bernhard A. Grimm

    Kommentar vom 19. Oktober 2010 um 16:14

    Liebe Moni,

    ich war 36 Jahre lang mit meiner Frau verheiratet, ehe sie heuer am 22.6. ins EWIGE LICHT, in eine andere – für sie beglückende – Dimension des Seins hinüberschwebte.
    Im Total.allein.sein ohne tragendes soziales Netzwerk, im großen Haus mit zwei Hündchen und einer Katze, bin ich zurückgeblieben und habe seit 17 Wochen das zu leisten, was man gemeinhin Trauer.arbeit nennt. Wie schwer das ist, brauche ich Ihnen nicht zu verraten, ich kann aus meiner Erfahrung nur sagen: keine Ablenkung, kein In-die-Arbeit-Stürzen, kein sog. Trost von außen, kein Besuch am Grab, keine Gespräche mit Kaja, kein Weinen und „Auskotzen“ vor den ganz wenigen, die sich das „gefallen“ lassen – nichts hilft grundlegend, nichts auf Dauer, mit anderen Worten:

    Es m u s s weh.tun dürfen, und eben dieser Schmerz muss einfach ausgehalten werden, damit die Seele allmählich heilt und die Wunde etwas verschorft – die Abstände zwischen „Normalität“ und absoluter Trauer und Depressionsanfällen werden mit der Zeit kürzer, überschaubarer, „berechenbarer“ – damit wächst auch die Hoffnung, nicht für den Rest unserer Tage in diesem schmerz.vollen Dunkel verharren zu müssen. Wie lange der Prozess dauert, kann niemand voraussagen – jede Trauer ist individuell verschieden. Und i c h lasse mir die heilende Zeit und lasse mir von keinem sagen, dass ich doch endlich schon wieder in der Spur sein müsste.

    Schön ist, und das habe ich in meiner Ansprache gesagt, schön ist, dass die LIEBE in der Trauer weiterlebt – und ein Weiteres habe ich gesagt:
    „man liebt zweimal – das erste Mal in der Wirklichkeit, das zweite Mal in der Erinnerung. Und gerade die Erinnerung ist jenes Paradies,
    aus dem uns niemand, wirklich niemand wird je vertreiben können.“
    Ich wünsche Ihnen Kraft zum Durchhalten und verbleibe mit verbindlich lieben Grüßen
    Bernhard

  6. 6. Annette Meißner

    Kommentar vom 21. April 2012 um 22:33

    Trauer ist für mich ein großes Thema und das Leben nach der Trauer um so größer …

    Ich habe mich von meiner „Heimat“ entfernt, um zu heilen und es tat mir so gut.

    Ich habe mich wieder gefunden und bin mir sehr sicher, dass mein Sohn, der gegangen ist, stolz auf mich ist.

    Trauer ist individuell und es gibt glüklicherweise keine Richtlinien, die wir zu befolgen haben. So können wir uns wiederfinden, ohne Zeit- und Raumangaben. Auch bin ich mir sicher, dass wir immer einen Menschen finden, der uns weiter hilft. Das ist meine persönliche Erfahrung …

    Einen lieben Gruß schickt Dir
    Annette

  7. 7. Evelyn

    Kommentar vom 22. April 2012 um 05:51

    Und den lieben Gruß, Annette, nehme ich sehr gerne an.
    Ja, wir haben zu jeder Zeit die Menschen an unserer Seite, die wichtig für uns sind.
    Das allerdings zu erkennen, ist oftmals schwierig. Doch alles dient uns.
    Dein Sohn traf Entscheidungen, wie wir alle. Und diese zu respektieren, ist oftmals alles andere als leicht.
    Wie schön daher, daß Du Dich heilen konntest.
    Herzlichst
    Evelyn

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